B stellte am 1. Dezember 2010 beim Sozialamt der Gemeinde Y ein Gesuch um wirtschaftliche Sozialhilfe. Zur Begründung führte er an, dass er wegen eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig sei. Die berufliche Abklärung bei der IV habe des-wegen Ende November 2010 abgebrochen werden müssen. Mit der wirtschaftlichen Sozialhilfe solle sein Lebensunterhalt bis zur Fortsetzung der IV-Abklärung gesichert werden. Mit Entscheid vom 21. Dezember 2010 wies das Sozialamt das Gesuch mit der Begründung ab, B halte sich gemäss seinen eigenen Eingaben nur vorübergehend in der Gemeinde Y auf. Diese sei daher für die Ausrichtung wirtschaftlicher Sozialhilfe nicht zuständig. Am 7. Januar 2011 reichte der Beistand von B für diesen beim Gemeinderat von Y Einsprache gegen den Entscheid ein. Der Gemeinderat schrieb das Einspracheverfahren mit Entscheid vom 16. Februar 2011 als erledigt ab, wobei er zur Begründung anführte, dass sich B gemäss den Angaben des Vermieters seit dem 4. Januar 2011 nicht mehr in der Gemeinde Y aufhalte und ohne Adressangabe weggezogen sei; die Frage nach der örtlichen Zuständigkeit sei deshalb nicht weiter zu prüfen. Das Gesundheitsund Sozialdepartement hiess die gegen den Abschreibungsentscheid eingereichte Verwaltungsbeschwerde gut.
Aus den Erwägungen:
2. Gemäss § 109 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 3. Juli 1972 (VRG) erklärt die Behörde das Verfahren als erledigt, wenn in dessen Verlauf das rechtserhebliche Interesse an einem Sachentscheid wegfällt. Diese Bestimmung basiert auf dem Gedanken, dass jedes Verfahren, in dem mit hoheitlicher Wirkung Rechtsfragen entschieden werden sollen, grundsätzlich ein hinreichendes, aktuelles Rechtsschutzinteresse voraussetzt. Verlangt wird ein realer, praktischer Nutzen am Erlass, an der Anfechtung an der Änderung einer Verfügung bzw. eines Einspracheoder Rechtsmittelentscheides. In einem Verfahren darf es nicht nur um die Beantwortung rein abstrakter Rechtsfragen gehen. Fehlt ein solches Interesse, prüft die zuständige Behörde die gestellten Begehren nicht materiell. Indem sie das Verfahren als erledigt erklärt, fällt sie keinen Sach- , sondern nur einen Prozessentscheid (Merkli/Aeschlimann/Herzog, Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, Bern 1997, N. 1 zu Art. 39 Abs. 1, mit Hinweisen).
Das rechtserhebliche Interesse an einem Sachentscheid kann aus verschiedenen Gründen wegfallen. § 109 VRG nennt als einziges Beispiel den Rückzug des Parteibegehrens. Ein Verfahren kann aber insbesondere auch dann gegenstandslos werden, wenn das Objekt wegfällt, um das sich der Rechtsstreit dreht wenn der angefochtene Entscheid förmlich aufgehoben wird. In diesen Fällen wird ein Verfahren buchstäblich ohne Gegenstand (Gegenstandslosigkeit im eigentlichen, engen Sinn). So kann beispielsweise das Streitobjekt wegfallen, wenn die betroffene Person stirbt, und es um nicht vererbliche Ansprüche geht (z.B. personenbezogene Bewilligungen). Dasselbe gilt, wenn der streitige Anspruch erlischt wenn die umstrittene Sache zerstört wird. Zudem kann der angefochtene Entscheid von der Vorinstanz selber durch den Erlass einer neuen Verfügung beseitigt werden. Gegen-standslosigkeit im weiteren Sinn tritt insbesondere ein, wenn die verlangte Amtshandlung vorgenommen wurde wenn die Erfüllung des Anspruchs rechtlich unmöglich geworden ist (Merkli/Aeschlimann/Herzog, a.a.O., N. 2 zu Art. 39 Abs. 1, mit Hinweisen; § 138 VRG).
Vorliegend ist streitig, ob die Gemeinde Y örtlich zuständig ist, über das Gesuch von B um wirtschaftliche Sozialhilfe vom 1. Dezember 2010 zu entscheiden. Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer am 4. Januar 2011 aus der Gemeinde Y wegzog. Wegen des Wegzugs kann aber nicht gesagt werden, dass kein hinreichendes aktuelles Rechtsschutzinteresse mehr an der Klärung der Frage besteht, ob die Gemeinde Y für die Unterstützungsleistungen örtlich zuständig ist. Es ist durchaus möglich, dass der Beschwerdeführer für den relevanten Zeitraum noch offene Rechnungen hat, die Positionen betreffen, welche von der wirtschaftlichen Sozialhilfe hätten übernommen werden müssen. Zu denken ist insbesondere an die Kosten für Mahlzeiten und die Miete. Dass damit nach wie vor ein hinreichendes aktuelles Rechtsschutzinteresse an der Klärung der örtlichen Zuständigkeit besteht, ändert auch der Umstand nichts, dass B ohne Angaben über den Bestimmungsort wegzog und offenbar nicht bekannt war, wo er sich aufhielt. Dies hat keinen Einfluss auf den Bestand ausstehender Forderungen, die allenfalls über die wirtschaftliche Sozialhilfe übernommen werden müssen. Zudem wurde der Beschwerdeführer im Einspracheverfahren rechtsgültig von seinem Beistand vertreten. Bei allfälligen Fragen betreffend den rechtserheblichen Sachverhalt hätte der Gemeinderat ihn kontaktieren können. Selbst wenn B im Einspracheverfahren nicht vertreten gewesen wäre, hätte der Gemeinderat aufgrund der Akten entscheiden müssen und den Entscheid im Kantonsblatt veröffentlichen können (§ 113 VRG).
Unter diesen Umständen hätte der Gemeinderat das Verfahren nicht als erledigt erklären dürfen. Vielmehr hätte er von Amtes wegen prüfen müssen, ob seine Zuständigkeit für die Ausrichtung wirtschaftlicher Sozialhilfe gegeben ist. Hätte er die örtliche Zuständigkeit verneint, hätte er auf das Gesuch um wirtschaftliche Sozialhilfe nicht eintreten dürfen (§ 107 Abs.1, 2a und 3 VRG). (Gesundheitsund Sozialdepartement, 8. September 2011)
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